Die Kurzabhandlung der Odyssee
gleicht in Nele Neitzkes Inszenierung mehr einer langwierigen Erzählung als
einem spannenden Epos. Sie darf dennoch als gut gespieltes Zwei-Mann-Stück mit
minimalistischer Ausstattung gewürdigt werden.
Eine Kritik von Kerstin Schorpp
Foto: Nico Manger |
In der Vorstellung vom 5. November zeigte das Würzburger
Mainfranken Theater eine Inszenierung von Nele Neitzke mit dem Titel „Odyssee
Short Cuts“ in den Kammerspielen. Das etwa einstündige Zwei-Mann-Stück bot eine
ungewöhnliche Inszenierung des griechischen Klassikers. Beide
Schauspieler nahmen dabei verschiedene Rollen ein. Sven Mattke
spielte hauptsächlich den Odysseus, war aber auch als Erzähler zu sehen.
Claudia Kraus verkörperte unter anderem die böse Zauberin Kirke und Odysseus‘
Sohn Telemach. Die erzählerischen Parts sprachen die beiden jeweils im Chor.
Ein geeignetes Stilmittel, um dem Zuschauer die Rollenidentifizierung zu
vereinfachen, die im restlichen Stück nicht immer leicht war. Sowohl Claudia
Kraus als auch Sven Mattke zeichneten sich durch eine klare Mimik und kräftige
Stimmen aus. Es lag also nicht an den schauspielerischen Leistungen, sondern
vielmehr am reduzierten Personal, dass die Aufführung eintönig und
langgezogen erschien.
Odysseus‘ Heimfahrt nach Ithaka aus dem Trojanischen Krieg
Die Odyssee entstand etwa 800 v. Chr. und versteht sich als Nachfolgewerk der Ilias. Beide Epen gehen vermutlich auf Homer zurück und gehören zu den ältesten Werken der westlichen Literaturgeschichte. Nachdem Odysseus zehn Jahre lang im Trojanischen Krieg gekämpft hat, macht er sich auf den Rückweg in seine Heimat Ithaka, um seine Frau Penelope und seinen Sohn Telemach wiederzusehen. Die Heimreise entpuppt sich jedoch als langwierige Irrfahrt. Erst weitere zehn Jahre später wird Odysseus dank seines Mutes und seiner List als letzter Überlebender dieses Abenteuers auf seine Insel zurückkehren. Unterwegs gilt es nicht nur die aufgewühlte See, sondern auch verführerische Zauberinnen und erzürnte Götter zu bezwingen.
Dunkles Bühnenbild und schauspielerischer Glanz
Die Kostüme von Veronica Silva-Klug lassen sich mit einem Wort beschreiben: Schwarz. Die Schauspieler trugen jeweils identische Outfits, nämlich lange Hosen, geschlossene Schuhe und ärmelfreie Oberteile. In Anika Wieners Bühnenbild wurde Odysseus‘ Schiff nachgestellt. Ein schwarzes Gerüst aus vielen quadratischen Kuben bildete den Schiffskörper. Dieses schlichte, geradlinige und wie ein modernes Kunstwerk anmutende Gebilde stand im Kontrast zu der mit Tau umwickelten Reling und dem hölzernen Steuerrad des Schiffes. Claudia Kraus wand sich geschickt und anmutig auf der Schiff-Konstruktion und auch Sven Mattke beeindruckte mit kraftvollen Bewegungen an den Metallstäben. Sie wirkten beide sehr präsent und publikumsgewandt. Zusammen mit dem schwarzen Hintergrund und den ebenfalls schwarz in schwarz gehaltenen Kostümen erschien das Bühnenbild insgesamt sehr dunkel und düster.
Die Requisiten beschränkten sich im Wesentlichen auf ein Messer und
drei Eimer: Einer voll Wasser, einer voll Sand, einer voll Kunstblut. Musik
wurde ebenfalls nur sehr sparsam eingesetzt. Die Szenen, die musikalisch
untermalt waren, blieben dafür umso besser im Gedächtnis: Das Geheule der
Sirenen, die Odysseus auf die Klippen locken und in den Tod reißen wollten,
sowie das von Trommelwirbeln begleitete Massaker an den Freiern, die Penelope
von Odysseus‘ Ableben und zur erneuten Heirat überzeugen wollten.
Lange Dialoge unterbrochen von Wasser, Blut und Sand
Die wechselnden Rollen der Schauspieler und die langen erzählenden
Textpassagen hinterließen teilweise ein konfuses Gefühl
beim Zuschauer. Vor allem in Kombination mit dem dunklen Bühnen- und Kostümbild
wirkte das Stück ermüdend, hatte jedoch einige Aufweckmomente: Immer dann, wenn
die Requisiten ins Spiel kamen, wenn Odysseus unter Wasser getaucht wurde oder
dramatisch Blut vergoss, zog einen die Handlung wieder in ihren Bann. Das Stück
hätte ruhig noch mehrere solcher Elemente vertragen können, es wäre dadurch
viel spannender und kurzweiliger geworden.
Besuchte Vorstellung: 5. November
Weitere Termine: 25. November | 2. und 12. Dezember | 10., 19., 21. und 26. Januar | 3., 13. und 27. Februar | 3., 9. und 16. März | jeweils 20 Uhr
Silvestervorstellung: 31. Dezember | 19.30 Uhr
Anna Sophia ist anderer Meinung:
"Niemand" begeistert die vollbesetzten Kammerspiele
Mehr zum Stück auf der Seite des Mainfranken Theaters.
Vielen Dank für Eure Verlinkung zu www.cooltourist.de - Schau.Bühne!
AntwortenLöschenIch schreibe regelmäßig Kritiken zu Produktionen des Nürnberger Staatstheaters, das ja auch aus Würzburg noch halbwegs kommod zu erreichen ist.
Euren Blog werde ich in meiner Link-Liste gerne aufnehmen.
Bis demnächst irgendwo im Theater oder online!
Wolfgang Reitzammer